Akademische Hütchenspieler

Wie Wissenschaftler die tatsächlichen zusätzlichen Emissionen neuer stromverbrauchender Produkte verschleiern

Wird für neue Verbraucher mehr Durchschnittsstrom produziert?

Der scheinbare Dissens

Die Merit Order erklärt vieles – aber nicht alles

Decken Gaskraftwerke auch die Zusatzlast von E-Autos und Wärmepumpen?

Auf die Vorlaufzeit kommt es an

Wie der Marginalstrom dem E-Auto die Klimabilanz verhagelt

Die Klimabilanz des E-Autos auf kurze Sicht

Die mittelfristige Sicht

Die lange Sicht

Fragwürdige Stellungnahmen von Wissenschaftlern

Die CO2-Arbitrage des deutschen Umweltbundesamts

Hat Marginalöl höhere Emissionen?

Zusammenfassung


Wird für neue Verbraucher mehr Durchschnittsstrom produziert?

Elektroautos werden gerne als Nullemissionsfahrzeuge bezeichnet. Vom Reifenabrieb abgesehen, stoßen sie in der Tat keine lokalen Emissionen aus. Für den Klimawandel ist es jedoch unwichtig, an welchem Ort die Treibhausgase in die Atmosphäre eingeleitet werden; Emissionen sollen nicht verlagert, sondern verringert werden. Wenn in Kraftwerken aufgrund des Ladestrombedarfs gleich viel oder gar mehr CO2 als in Verbrennungsmotoren entsteht, ist für das Klima nichts gewonnen.

Um die Emissionen infolge der Hinzuschaltung neuer Verbraucher im Netz zu bestimmen, muss bekannt sein, auf welche Weise das Stromerzeugungssysten auf Laststeigerungen reagiert. Denn wenn nicht alle Kraftwerke ihre Leistung in gleichem Maße erhöhen, bedeutet dies, dass einige nichts zur Deckung der zusätzlichen Nachfrage beitragen und keinen Einfluss auf die zusätzlich entstehenden Emissionen ausüben können. Dann wäre es unzulässig, für die Zusatzlast durchschnittliche Emissionen anzunehmen.

Der scheinbare Dissens

Wärmepumpen und E-Autos sind neu hinzukommende Stromverbraucher. Ihre Einführung kann sinnvoll sein, wenn sie die CO2-Emissionen netto verringern.
Die zusätzlichen Emissionen zusätzlicher Stromproduktion können mit dem Zusatzstromansatz bestimmt werden. Doch das lehnen (nicht nur) diese beiden Herren strikt ab:

  • Prof. Martin Doppelbauer vom Elektrotechnischen Institut in Karlsruhe antwortete auf die Frage, wieviele Wissenschaftler den Grenzstromansatz (=Zusatzstromansatz) anwenden, im Juli 2021: „Es ist nicht wirklich vorstellbar, wie jemand, der sich wissenschaftlich mit dem Thema Energie beschäftigt, diese Ansicht teilen kann.“ i
  • Prof. Maximilian Fichtner, geschäftsführender Direktor des Helmholtz-Instituts Ulm für Elektrochemische Energiespeicherung, schrieb auf Twitter im Mai 2022: ii

Im Gegensatz dazu stellte das Umweltbundesamt 2016 fest, dass für die Klimabilanz des zusätzlichen Stromverbrauchers Elektroauto der „Marginalmix“ (=Grenzstrommix) anzuwenden ist, basierend auf dem „Kraftwerkspark, der zur Betankung von Elektrofahrzeugen unter sonst gleichen Bedingungen tatsächlich in Anspruch genommen wird.“ iii

Dieser Text erläutert die Hintergründe der scheinbaren Meinungsverschiedenheit.

Die Merit Order erklärt vieles – aber nicht alles

Die Reihenfolge, in der bei steigendem Strombedarf Kraftwerke zugeschaltet werden, lässt sich aus der so genannten Merit Order ableiten. Das ist eine Sortierung der Stromerzeuger nach Angebotspreisen:

Abbildung 1: Prinzipdarstellung der Merit Order

Für den Day-Ahead-Spotmarkt an der Strombörse EEX (European Energy Exchange) ist die Merit Order verbindlich. Dort ist der Handel anonymisiert und folgt einer strikten Regel: Beginnend mit den günstigsten (in der Grafik links dargestellten) Angeboten werden Zuschläge erteilt, bis der für den Folgetag erwartete Bedarf gedeckt ist.iv Alle Anbieter rechts der roten Linie gehen leer aus; das sind stets ausschließlich fossile Kraftwerke.

Was geschieht, wenn etwas mehr Strom benötigt wird?

Dann verschiebt sich die rote Linie, die den bisherigen Bedarf und damit zugleich das so genannte Grenzkraftwerkv markiert, um den Zusatzbedarf nach rechts:

Abbildung 2: Marginalstrom im Day-ahead-Spotmarkt

Der Unterschied zwischen bisheriger und neuer Netzlast ist der Differenzstrom (auch Zusatz-, Grenz- oder Marginalstrom genannt).

Um diesen Zusatzbedarf zu decken, muss entweder das bisherige Grenzkraftwerk die Leistung erhöhen oder das nächstteurere Kraftwerk zusätzlich Strom einspeisen. vi

Kein einziges Kraftwerk links von der Bedarfslinie ist an diesem Vorgang beteiligt! Insbesondere die Einspeisung von Strom aus Wind- und Sonnenenergie richtet sich nicht nach den Änderungen der Stromnachfrage. Steigt die Netzlast, dann regeln also keineswegs alle Kraftwerke gleichmäßig hoch. Umgekehrt werden auch nicht alle Kraftwerke heruntergeregelt, wenn der Stromverbrauch sinkt (diese Differenz heißt negativer Marginalstrom).

Für Strom aus Wind und Sonne gelten besondere Regeln. Grünstrom wird als „nicht disponibel“ eingestuft und unabhängig vom Bedarf immer eingespeist. Die Menge hängt ausschließlich vom EE-Ausbau und vom Wetter ab. Bislang setzen nur regionale Netzengpässe der Einspeisung von EE-Strom gelegentlich Grenzen.

Damit steht fest, dass zusätzliche Nachfrage nur von Grenzkraftwerken gedeckt wird. Das Grenzkraftwerk wiederum ist in vielen Ländern (darunter Deutschland) meist ein Gaskraftwerk.

Die von zusätzlichen Stromverbrauchern verursachten CO2-Emissionen mit dem Durchschnittsstrom aller Kraftwerke zu berechnen, wäre grob falsch, denn darunter sind ja auch solche, die nichts zur Deckung des zusätzlichen Bedarfs beitragen.

Decken Gaskraftwerke auch die Zusatzlast von E-Autos und Wärmepumpen?

Das lässt sich mittels einer Analogie empirisch überprüfen.

Mehr E-Autos und Wärmepumpen bedeuten einen kontinuierlich steigenden Strombedarf. Dieser Anstieg ist lange im Voraus bekannt.

Eine solche vorhersehbare Bedarfsänderung hat es vor kurzem erst gegeben. Aufgrund der ebenfalls lange im Voraus angekündigten Covid19-Lockdowns war 2020 die Stromnachfrage global gesunken und im Jahr darauf wieder gestiegen. Die Denkfabrik AGORA berichtete:

„Insbesondere die Kohleverstromung erreichte einen neuen Tiefststand seit Beginn der ganzheitlichen Aufzeichnung im Jahr 1990. … Der Nachfragerückgang wirkte sich fast ausschließlich auf die fossile Energieerzeugung aus, da diese in der Merit-Order – die Einsatzreihenfolge der Kraftwerke beim Verkauf von Strom an der Börse – hinter den Erneuerbaren Energien stehen und somit als erste ihre Erzeugung reduzieren.“ vii

Der Merit Order zufolge hätte vor allem die Erzeugung von Strom aus Erdgas 2020 sinken und ein Jahr später wieder zunehmen müssen. Tatsächlich geschah etwas anderes:

Abbildung 3: Deutschlands Stromproduktions-Änderungen 2020 und 2021

Nicht die Erdgas-, sondern die Kohlestromproduktion folgte dem Strombedarf; 2020 wurde sie deutlich heruntergefahren und im Jahr darauf wieder kräftig erhöht.viii Bei Erdgas verhielt es sich umgekehrt; dieser Energieträger ist offensichtlich nicht Bestandteil des längerfristigen und planbaren Marginalstroms.

Das ist ein globales Phänomen. Auf der Website der IEA (International Energy Agency)ix wird detailliert beschrieben, wie nahezu überall auf der Welt 2020 mit der sinkenden Stromnachfrage insbesondere die Kohleverstromung sank und nach dem Ende der Krise wieder zum alten Niveau zurückkehrte.

Welche Kraftwerke längerfristige Bedarfsänderungen ausgleichen, lässt sich nicht direkt aus der Merit Order ableiten.

Auf die Vorlaufzeit kommt es an

Die Erklärung dafür ist einfach: Am Day-Ahead-Spotmarkt wird kein Strom für den längerfristig erwarteten Bedarf eingekauft.

Der Zusatzbedarf aufgrund neu hinzukommender Verbraucher oder einer anziehenden Konjunktur kündigt sich mit einer gewissen Vorlaufzeit an, d.h. er ist vorhersehbar und planbar. Das erlaubt den Stromanbietern, sich rechtzeitig vorzubereiten, um ihre Lieferfähigkeit sicherzustellen. Dazu erwerben sie Wochen bis teils sogar mehrere Jahre vor den geplanten Stromlieferungen im so genannten Terminhandel oder durch Einkauf direkt beim Erzeuger hinreichend große Kontingente zu einem ausgehandelten Preis.

Solar- und PV-Strom ist auf diese Weise nicht erhältlich, sondern wird aufgrund des Einspeisevorrangs überhaupt erst im kurzfristigen Spothandel sichtbar. Kernkraftwerke bieten den günstigsten im Voraus erhältlichen Strom an, doch davon gibt es bei weitem nicht genug. Darauf folgt schon die Kohle. Solange CO2-Zertifikate die Kohle nicht wesentlich verteuern, fällt die Wahl bei absehbar steigendem Bedarf daher bevorzugt auf diesen Energieträger. Wird ein geringerer Strombedarf erwartet, verringern die Stromanbieter ihre Einkaufsvolumina.

Terminhandel und Direktverkauf dominieren den Stromhandel:

Kohle- und Kernkraftwerke bieten nur Restmengen am Spotmarkt an. Sie verkaufen ihren Strom Monate oder gar Jahre im Voraus an den Terminmärkten. Dort sind höhere Marktwerte üblich.“ x

Der Anteil der Spotmärkte ist klein:

Die EPEX Spot Dayahead Auktion … ist ein Ausgleichsmarkt für unerwartete Mengenänderungen. Entsprechend ist das Handelsvolumen an den Terminmärkten auch um mehr als das 7fache höher als an den Spotmärkten.“ xi

Kohlekraftwerke können in der Regel also schon darum keine Grenzkraftwerke sein, weil der Kohlestrom für Spotmärkte häufig „ausverkauft“ ist. Darüber hinaus macht auch das träge Regelverhalten v.a. die Braunkohlekraftwerke grundsätzlich ungeeignet zum Ausgleich kurzfristiger Bedarfsänderungen.

Das sind die Gründe, warum die Zusammensetzung des längerfristig vorhersehbaren und planbaren Zusatzstroms sich nicht mit der Merit Order erklären lässt.

Wie der Marginalstrom dem E-Auto die Klimabilanz verhagelt

Zusätzliche Stromverbraucher bedeuten mehr Stromproduktion. Wie viel CO2 dadurch zusätzlich emittiert wird, hängt ausschließlich vom Marginalstrommix ab. Die verschiedenen fossilen Energieträger führen zu höchst unterschiedlichen CO2-Emissionen je erzeugter Kilowattstunde Strom (der ‚Durchschnitt‘ entspricht dem deutschen Durchschnittsstrom von 2022 incl. EE-Strom):

Abbildung 4: Stromerzeugungs-Emissionen fossiler Energieträger und deutscher Durchschnittswert 2022 [g CO2 eq/kWh]


Die günstigste Klimabilanz kann dem E-Auto mit den Emissionen des Durchschnittsstroms bescheinigt werden. Ein hoher Anteil von Kohle im Ladestrom verschlechtert die Bilanz hingegen um den Faktor zwei bis drei.

Doch wie ist es wirklich? Durchschnittsstromemissionen scheiden für Zusatzstrom natürlich aus, das wäre schlicht unseriös. Somit ist nur noch die Art des Marginalstroms zu klären: Gleicht der Ladestrombedarf eher einem konjunkturellen Aufschwung oder einer unvorhergesehenen Lasterhöhung?

Tatsächlich ist der Markthochlauf des Elektroautos ebenso vorhersehbar, wie es der Wirtschaftsaufschwung nach dem Ende der Covid 19-Lockdowns war. Es gibt keinen vernünftigen Grund anzunehmen, dass die Stromanbieter auf diesen erwarteten Bedarfsanstieg auf andere Weise reagieren. Daher wird auch der zusätzliche Ladestrombedarf der Elektromobilität überwiegend mit Kohle ausgeglichen. Hierin liegt der wahre Kern der Behauptung, Elektroautos würden mit Kohlestrom fahren. Dass diese den gleichen Strom erhalten wie alle anderen Kunden, ist für die Klimabilanz vollkommen irrelevant: Denn nicht auf die Herkunft des Stroms für bestimmte Verbraucher kommt es an, sondern auf die Rückwirkung des zusätzlichen Bedarfs auf die Stromerzeugung.

Die Klimabilanz des E-Autos auf kurze Sicht

Auf einer EU-Webseite war bis 2019 eine interessante Grafik der Europäischen Umweltagentur zu sehen:

Abbildung 5: THG-Emissionen verschiedener Antriebskonzepte [g CO2 eq/km]


Auf den ersten Blick ist zu erkennen, warum zur Ermittlung der Emissionen des E-Autos gerne der Durchschnittsstromansatz verwendet werden: Nur auf diese Weise kann der Elektromobilität eine günstige Klimabilanz bescheinigt werden.

Der Marginalstromansatz ergibt dagegen einen hohen Kohleanteil des Ladestroms und führt zu einer vernichtenden Bewertung: E-Autos tragen nicht nur nichts zur Senkung der Treibhausgasemissionen bei, sondern erhöhen sie in den nächsten 10 bis 20 Jahren sogar. Damit sind alle Subventionen für die Elektromobilität für den Klimaschutz verlorenes Geld.

Das ist der Grund, warum der Marginalstromansatz von E-Auto-Fans so verhement abgelehnt wird.

Die mittelfristige Sicht

Ist ein frühes Verbrennerverbot vielleicht dennoch sinnvoll, damit bereits mehr E-Autos auf den Straßen sind, wenn das letzte Kohlekraftwerk abgeschaltet wird?

Dann wird auch der planbare (d.h. nicht an Spotmärkten gehandelte) Zusatzstrom von Gaskraftwerken dominiert werden. Damit sinken die CO2-Emissionen des E-Autos zwar deutlich, liegen aber weiterhin höher als mit dem Durchschnittsstromansatz berechnet (s. Abb. 4).

Auf der anderen Seite bietet der Verbrennungsmotor noch ein großes und kaum beachtetes, obwohl nahezu sofort nutzbares Potential zur Verringerung der Emissionen. Französische Wissenschaftler haben 2011 einen Toyota Prius auf Erdgasbetrieb umgerüstet. Das Ergebnis beeindruckt:

After optimization, CO2 emissions, measured on chassis dynamometer, were 76 g/km on NEDC cycle.” xii

Mit Erdgas betriebene Verbrenner haben keine höheren CO2-Emissionen als E-Autos mit zusätzlichem Ladestrom aus Erdgaskraftwerken. Solche Autos könnten innerhalb von ein bis zwei Jahren serienreif sein und würden den CO2-Ausstoß von Neufahrzeugen etwa halbieren. Mit E-Autos ist eine so große und schnelle Verringerung der Emissionen nicht möglich, solange der Marginalstrom Kohle enthält – also noch mindestens bis Mitte der dreißiger Jahre. Dieser recht einfache (und mit synthetischen Kraftstoffen zugleich zukunftssichere) Weg wird von der Politik jedoch blockiert.

Die lange Sicht

Grünstrom wird aufgrund des steigenden Stromverbrauchs mindestens bis Mitte des Jahrhunderts knapp bleiben:

„Ein Drittel bis zwei Drittel unseres Energiebedarfs werden wir nur durch Importe decken können – laut den ‚Big 5‘-Szenarien mit 100% Erneuerbaren Energien.“ xiii

Europa wird auch in Zukunft einen großen Teil seiner Energie importieren. Strommengen dieser Größenordung mit elektrischen Leitungen zu transportieren, scheidet aus Kostengründen aus. Viel zu teuer wäre auch der Import großer Mengen Wasserstoff, weil aufgrund der geringen volumetrischen Dichte eine mehr als dreimal größere Infrastruktur für Transport, Lagerung und Verarbeitung als für konventionelle Brennstoffe errichtet werden müsste – und dies auf globaler Ebene. Daher wird es keinen anderen interkontinentalen Energievektor als Synfuels geben können.

Ob Synfuels jedoch direkt in Automotoren oder zur Verstromung in Kraftwerken verbrannt werden, macht hinsichtlich Effizienz und Kosten aufgrund der langen Kette von Verlusten zwischen Kraftwerk und Antriebsmotoren des E-Autos keinen relevanten Unterschied. Das bedeutet, dass es sogar auf sehr lange Sicht keinen überzeugenden Grund gibt, generell auf Elektroautos umzustellen. Die dafür verbrauchten Ressourcen sind für sinnvollere Projekte verloren.

Fragwürdige Stellungnahmen von Wissenschaftlern

Viele Wissenschaftler lehnen den Marginalstrom mit großer Entschiedenheit ab, ohne dies nachvollziehbar begründen zu können. Prof. Maximilian Fichtner hat es auf Twitter so versucht: xiv

Fichtner setzt auf ein scheinbares Paradoxon: Wie kann es sein, dass für zusätzliche Verbraucher ein anderer Strommix relevant ist, obwohl diese an dasselbe Netz angeschlossen sind?

Ob beabsichtigt oder nicht, diese Frage beruht auf einem grundlegenden Missverständnis. Tatsächlich erlaubt die Marginalstrombetrachtung keinerlei Aussagen über die Herkunft des Stroms für bestimmte Verbraucher, sondern darüber, wie das Stromerzeugungssystem auf Nachfrageschwankungen reagiert, d.h. welche Kraftwerke die Schwankungen ausgleichen. Diese Differenzierung ist notwendig, um die Auswirkungen einer Lastveränderung auf die Emissionen korrekt zu ermitteln. Die Verwendung eines marginalen Strommixes für die Klimabilanz einiger Stromverbraucher bedeutet nicht, dass diese anderen Strom erhalten, sondern dass der speziell zum Ausgleich des zusätzlichen Bedarfs erzeugte Strom diesen Mix aufweist.

Fichtner hingegen suggeriert dem Leser faktenwidrig, dass der Marginalstromansatz der Berechnung der Zusammensetzung des Stroms an einer bestimmten Steckdose diene, und zieht aus dieser falschen Annahme falsche Schlüsse.

Dabei ist es ganz einfach:

  • Wenn Fichtners neuer Föhn denselben Stromverbrauch wie der vorherige hat, gibt es keinen Differenzstrom und daher auch keinen Anlass, den Marginalstromansatz anzuwenden. Dann spricht nichts dagegen, den Anteil von Fichtners Föhn an den jährlichen deutschen Stromerzeugungs-Emissionen mit dem Durchschnittsstrom-Ansatz zu ermitteln.
  • Wenn der neue Föhn hingegen weniger Strom als das vorherige Gerät verbraucht und Fichtner wissen möchte, wie viele CO2-Emissionen dadurch eingespart werden, dann muss er auf diesen Differenzstrom (die Differenz zwischen bisherigem und neuem Verbrauch) den Marginalstromansatz anwenden. Mit dem Durchschnittsstromansatz würde er die Verringerung der Emissionen um den Faktor zwei bis drei unterbewerten.

Professor Martin Wietschel, Leiter des Competence Centers Energietechnologien und Energiesysteme am Karlsruher Institut für Technologie, versucht es mit der Reihenfolge der Verbraucher:

„Sagt man, dass die Wärmepumpen bis 2030 einen hohen Anteil an der Stromnachfrage haben und untersucht dann die THG-Emissionen für BEV, dann schneiden diese als „Grenznachfrager“ schlecht ab, die Wärmpumpen hingegen gut. Dreht man es um und lastet zuerst die BEV in das Stromsystem ein und untersucht anschließend die Effekte der Wärmepumpe, dreht sich das Ergebnis gerade andersherum.“ xv

Tatsächlich ist die Reihenfolge der Betrachtung ebenso irrelevant wie z.B. die Einschaltreihenfolge; wichtig ist ausschließlich, ob sich die Netzlast erhöht. Das trifft für Wärmepumpen wie für Elektroautos zu und führt in beiden Fällen zu mehr fossilem Strom.

Andere Wissenschaftler bekennen sich erstaunlich freimütig dazu, den Marginalstromansatz aus politischen Gründen zu verwerfen. Zitat aus einer Studie (in deutscher Übersetzung):

Bei der Aufbereitung von Informationen für die Politik müssen kurzfristige marginale Strommixe berücksichtigt werden. Auch wenn diese Mixe für die Modellierung der kurzfristigen Auswirkungen einer schnellen, wenn auch unwahrscheinlichen Einführung von E-Fahrzeugen nützlich sind, sind sie nach Ansicht der Autoren nicht das richtige Instrument, um politische Entscheidungsträger zu informieren, da sie nur einen Teilaspekt darstellen: Die Fokussierung auf kurzfristige Effekte ist nichts anderes als eine Form der Lastverschiebung in der Zeit.“ xvi

Die nebulöse Rede von einer „Lastverschiebung in der Zeit“ lässt die höheren CO2-Emissionen des fossilen Marginalstroms nicht verschwinden und ist daher nicht mehr als eine hohle Phrase. Dass die Ergebnisse der Marginalstromanalyse dem E-Auto die Klimabilanz verhageln, scheint diese Autoren sehr zu bekümmern. Sie glauben an die Zukunft der Elektromobilität, können dies aber nicht mit einer besseren Klimabilanz begründen. Nun wollen Sie wenigstens zu Protokoll gegeben haben, dass sie es vorgezogen hätten, mit ihrer Arbeit politisch gewünschte Ergebnisse zu erzielen.

Ein weiteres Beispiel stammt von der Kampagnenorganisation „Transport & Environment“:

In der Literatur werden den Elektrofahrzeugen sowohl durchschnittliche als auch marginale Strom-mixe zugewiesen, was zu unklaren Empfehlungen für Entscheidungsträger führt. Der marginale Systemmodellierungsansatz behauptet fälschlicherweise, alle Konsequenzen zu modellieren, die der neue und zusätzliche Kunde (das BEV) auf die zusätzlich benötigte Kapazität im Stromnetz hat. Welche Technologien künftig die installierte Stromkapazität verändern, hängt jedoch von vielen Aspektenab, die nicht mit einer Veränderung der Nachfrage zusammenhängen: politische Ziele, Geschäftsperspektiven, Emissionshandelssysteme, Emissionshöchstgrenzen, physikalische Beschränkungen und die Nachfrage nach Nebenerzeugnissen. Daher kann die Veränderung der installierten Kapazität nicht allein einem zusätzlichen Verbraucher zugerechnet werden, sondern sollte dem gesamten Markt zugerechnet werden.” xvii

Daran stimmt so gut wie nichts. Tatsächlich lässt der Marginalstromansatz keinerlei Aussagen über die „Veränderung der installierten Kapazität” zu. Dieser Autor scheint es zudem für einen ernsthaften Einwand zu halten, eine Analyse ergäbe „unklare“ Empfehlungen an die Entscheidungsträger. Ob eine Methodik richtig, d.h. dem zu untersuchenden Gegenstand angemessen ist, hängt jedoch in keiner Weise davon ab, ob die Ergebnisse der Anwendung dazu taugen, politische Maßnahmen zu legitimieren.

Auch dieser Autor ist nicht auf Erkenntnis aus. Die Ergebnisse der Differenzstrombetrachtung widersprechen seiner vorgefassten Meinung, das ist alles.

Die CO2-Arbitrage des deutschen Umweltbundesamts

Auch beim Umweltbundesamt wird die Wahl der Methoden zuweilen von der politischen Opportunität bestimmt. So wird PV-Anlagen mit dem Grenzstromansatz eine hohe CO2-Minderung bescheinigt. Der Emissionsanstieg durch neue Verbraucher wie Elektroautos wird hingegen mit dem Durchschnittsstromansatz kleingerechnet.

Zitate:

  • Laut Berechnungen im Rahmen der Emissionsbilanz erneuerbarer Energieträger 2021 vermeidet eine Photovoltaikanlage Emissionen hauptsächlich aus Steinkohle- und Gaskraftwerken in Höhe von 740 Gramm ⁠CO2⁠-Äquivalente/kWh.“ xviii
  • Für einen technologiespezifischen Verkehrsträgervergleich wird hinsichtlich der Nutzung von Strom, speziell bezogen auf Bahnstrom sowie auf straßengebundene Elektromobilität, die Anwendung des bundesdeutschen Erzeugungsmixes und des damit zusammenhängenden Emissionsfaktors empfohlen.“ xix
  • Für den deutschen Erzeugungsmix des Jahres 2021 gibt das UBA 410 g/kWh an. xx

Ob den Autoren bewusst ist, was sie damit behaupten?

  • Die Stromeinspeisung aus PV-Anlagen verringert die Emissionen um 740 g/kWh.
  • Die Entnahme von Strom (z.B. für E-Autos) erhöht die Emissionen um 410 g/kWh.

Das ist absurd.

Solarstrom kann fossilen Strom aus dem Netz verdrängen – aber nur, wenn er nicht in einem Elektroauto verbraucht wird. Die vermiedenen oder hinzukommenden Emissionen sind gleich groß.

Die Legitimation politisch gesetzter Ziele scheint dem Umweltbundesamt wichtiger zu sein als die wissenschaftliche Integrität seiner Mitarbeiter.

Hat Marginalöl höhere Emissionen?

Wenn der Durchschnittsstromansatz sich nicht mehr verteidigen lässt, wird häufig versucht, einen letzten (vemeintlichen) Joker zu ziehen, und gefordert, analog zum Marginalstromansatz für die Klimabilanz von Autos mit Verbrennungsmotoren marginales Öl zu verwenden.

Der Grundgedanke ist an sich richtig, führt aber nicht zum erhofften Ergebnis.

Denn die Annahme, „marginal“ bedeute stets „höhere Emissionen“, ist falsch. Marginalstrom hat höhere Emissionen, wenn er höhere fossile Anteile als der Durchschnittsstrom hat. Einen vergleichbaren Zusammenhang gibt es für marginale Kraftstoffe nicht.

Zwar würde für große Mengensteigerungen der Anteil der energieaufwändigen Ölgewinnung (z.B. aus Ölschiefer) zunehmen. Bei einer Marginalbetrachtung geht es aber um marginale, d.h. kleine Änderungen, und im Kontext der Umstellung auf Elektromobilität sogar um einen Rückgang der Förderung: Werden Verbrenner durch E-Autos ersetzt, wird weniger Kraftstoff verbraucht.

Zudem funktionieren der Handel von Strom und Erdöl nach sehr unterschiedlichen Regeln. Der Ölmarkt ist stark kartelliert. Welche Lieferanten bei Verbrauchsschwankungen tatsächlich ihre Produktionsvolumina anpassen, kann nicht aus einer der Merit Order vergleichbaren Regel abgleitet werden, sondern hängt von tagesaktuellen politischen Erwägungen der Lieferländer ab und ist nicht vorhersehbar. Die zusätzlichen oder entfallenden Ölmengen können höhere oder niedrigere Emissionen als der Durchschnitt haben. Durchschnitts- und Marginalansatz führen daher nicht zu systematisch unterschiedlichen Ergebnissen.

Zusammenfassung

Viele Studien bescheinigen E-Autos eine günstige Klimabilanz. Mit steigender Ökostromquote würden die Treibhausgasemissionen der E-Autos noch weiter sinken. Doch das beruht auf dem schweren methodischen Fehler, den Einfluss zusätzlicher Stromverbraucher auf die Emissionen des Durchschnittsstroms auszublenden.

Wenn der Auftrag an Wissenschaftler lautet, Politiker darüber zu informieren, ob die Einführung eines neuen Produktsegments (z.B. Wärmepumpen oder E-Autos) die Treibhausgasemissionen senkt, dann ist zu untersuchen, welche Folgen es hat, wenn dieser Schritt verwirklicht wird. Es gilt herauszufinden, was sich dadurch ändert, dass es diese neuen Verbraucher gibt – und wie es wäre, wenn es sie nicht gäbe. Eine für diesen Zweck erstellte Klimabilanz muss zwei Zustände vergleichen:

  • Das gesamte Stromerzeugungssystem mit der gesamten zusätzlichen Stromlast
  • Dasselbe System ohne Zusatzlast

Die Zusammensetzung des Stroms, den ein einzelner Verbraucher bezieht, ist für die Klimabilanz irrelevant. Dass der zusätzlich erzeugte Strom ins Netz eingespeist und allen Verbrauchern zugeleitet wird, ändert nichts daran, dass er ohne den zusätzlichen Bedarf der neuen Verbraucher gar nicht erzeugt worden wäre. Ursache (zusätzlicher Strombedarf weniger Verbraucher) und Wirkung (höhere Stromproduktion) sind eindeutig bekannt. Dies vorausgesetzt, ist der Ladestrom selbstverständlich als zusätzlicher Strom einzustufen, und Zusatzstrom ist Marginalstrom.

Die von neuen Verbrauchern verursachten Emissionen entstehen nicht beim Verbrauch des Stroms, sondern bei seiner Erzeugung und können daher nur auf der Erzeugungsseite korrekt ermittelt und zugeordnet werden. Entscheidend ist, wie das Stromerzeugungssystem auf den Lastanstieg reagiert, d.h. welche Kraftwerke genau hochgefahren werden.

Und siehe da: Laständerungen werden auf auf kurze wie auf lange Sicht von fossilen Kraftwerken ausgeglichen. Das schadet der Klimabilanz von E-Autos und Wärmepumpen massiv:

E-Autos sind in Deutschland eine miserable Klimaschutz-Maßnahme. Ich kann gar keine CO2-Vermeidungskosten berechnen, weil bis 2045 kein CO2 vermieden wird.“ xxi

Nach dem realistischen Marginalstrom-Ansatz stoßen elektrische Wärmepumpen in Deutschland mehr CO2 aus als Gas-Brennwertheizungen. Den Strommix anzusetzen ist Schönrechnerei durch Doppelzählung.“ xxii

Kai Ruhsert, 13. August 2023

Bildquelle: https://en.wikipedia.org/wiki/Shell_game#/media/File:Conjurer_Bosch.jpg

Anmerkungen und Quellen:

i https://nextmove.de/beitrag/warum-der-vermeintliche-co2-rechenfehler-bei-e-autos-ein-irrtum-ist/

ii https://twitter.com/MaxFichtner/status/1530294510055526402

iii https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikationen/texte_27_2016_umweltbilanz_von_elektrofahrzeugen.pdf

iv Das ist eine vereinfachende Darstellung. Einen Teil der fossilen Kraftwerke kann man auch bei sehr viel Wind und Sonne nicht abschalten, weil die Kaltstartzeit zu lang wäre, um bei Bedarf wieder einsatzbereit zu sein.

vDas Grenzkraftwerk ist das teuerste Kraftwerk, das zu einem bestimmten Zeitpunkt Strom liefert

vi Genau diese Kraftwerke werden auch heruntergeregelt, wenn die zusätzliche Nachfrage entfällt.

vii https://static.agora-energiewende.de/fileadmin/Projekte/2021/2020_01_Jahresauswertung_2020/200_A-EW_Jahresauswertung_2020_WEB.pdf

viii Für 2022 ergibt sich ein anderes Bild: Die Stromproduktion sank auf 490,4 Twh, Braunkohle legte dennoch auf 105,9 Twh und Steinkohle auf 55,4 Twh zu. Doch das ist damit zu erklären, dass der Erdgasverbrauch wegen des Ukraine-Kriegs so weit wie möglich verringert wurde. Vergleichbare andere Einflussfaktoren auf das Marktgeschehen gab es in den drei vorhergehenden Jahren nicht.

ix https://www.iea.org/reports/covid-19-impact-on-electricity

x https://www.tech-for-future.de/preis-stromboerse/

xi https://de.wikipedia.org/wiki/Merit-Order

xii https://www.academia.edu/20744274/Biomethane_CNG_hybrid_A_reduction_by_more_than_80_of_the_greenhouse_gases_emissions_compared_to_gasoline

xiii https://www.tech-for-future.de/abhaengigkeit/

xivhttps://twitter.com/MaxFichtner/status/1657314214506033152

xv https://www.isi.fraunhofer.de/content/dam/isi/dokumente/sustainability-innovation/2019/WP02-2019_Treibhausgasemissionsbilanz_von_Fahrzeugen.pdf

xvi https://www.researchgate.net/publication/327066754_Electricity_Generation_in_LCA_of_Electric_Vehicles_A_Review/download

xvii https://www.transportenvironment.org/wp-content/uploads/2021/07/TE%20-%20draft%20report%20v04.pdf

xviii https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/erneuerbare-energien/photovoltaik#%C3%96kobilanz

xix https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2019-11-07_texte_134-2019_strom-verkehrsmittelvergleich_0.pdf

xx https://www.umweltbundesamt.de/themen/co2-emissionen-pro-kilowattstunde-strom-stiegen-in

xxi https://www.tech-for-future.de/elektroautos/

xxii https://www.tech-for-future.de/waermepumpe/

7 Antworten auf “↓”

  1. Alleine die Tatsache, dass BEVś in großen Metropolen emissionslos fahren, rechtfertigt es den Ansatz der E-Mobilität weiter zu forcieren. Für diese Menschen macht es sehr wohl einen Unterschied, ob die Emissionen in der Stadt oder 30 km vor der Stadt in einem kalorischen Kraftwerk erzeugt werden.
    Aus sentimentalen Gründen an einer Technik mit miserablem Wirkungsgrad festzuhalten, kann auf Dauer nicht funktionieren.

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    1. Da Sie nichts zur Frage des Marginalansatzes geschrieben haben, scheinen Sie mir darin zumindest nicht zu widersprechen.

      Die Abgase neuer Autos mit Verbrennungsmotoren sind für die Luftqualität in Städten kein relevanter Faktor mehr, wie auch von der Leopoldina bestätigt wurde: „Durch die Anwendung von Abgasreinigungstechnologien nehmen verbrennungsmotorische PM2,5-Primäremissionen deutlich ab. Dadurch rücken andere Primär- und Sekundärquellen wie Abrieb, Holzöfen, und Landwirtschaft zunehmend in den Fokus. Sie sollten im Interesse einer weiteren Reduktion der PM2,5-Belastung stärkere Beachtung finden.“
      https://www.leopoldina.org/uploads/tx_leopublication/Leo_Stellungnahme_SaubereLuft_2019_Web_03.pdf

      Gleiches gilt für Stickoxide: „Die Stickoxid-Emissionen aus dem Verkehrssektor haben in den letzten Jahrzehnten abgenommen. Von 2020 auf 2021 sind die Emissionen um 6% gesunken.“
      https://www.umweltbundesamt.at/umweltthemen/mobilitaet/mobilitaetsdaten/stickoxide-verkehr

      Zum anderen ist es ein weit verbreiteter Denkfehler, dass nur BEV lokal emissionslos fahren können. Serielle Hybride können das auch: „Das Ziel ist daher, EIN Fahrzeug anzubieten, das sowohl als BEV in Ballungsräumen emissionsfrei arbeitet als auch außerhalb lange Strecken bei hoher Geschwindigkeit zurücklegen und rasch „nachgetankt“ werden kann.“
      https://epub.oeaw.ac.at/0xc1aa5576_0x003b46cd.pdf

      Warum das Wirkungsgradargument bei einer Betrachtung des Gesamtsystems gegenstandslos wird, können Sie hier nachlesen: „Die dargestellten großen Wirkungsgradunterschiede gibt es nur zwischen den dargestellten Teilsystemen. Aussagen über die Effizienz des Gesamtsystems lassen sich daraus nicht ableiten. Bezieht man alle Bereitstellungsverluste ein, also auch die Stromerzeugung, gehen die Effizienzvorteile des E-Autos wieder verloren.“

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      1. Landwirtschaft und Holzöfen in Paris oder London? Okay! Wäre der Verbrenner so unproblematisch wie angedeutet, müssten wir nichts ändern und würden jetzt klimatisch sicher nicht mit dem Rücken an der Wand stehen.

        Dass man die Abgase aus modernen Autos bedenkenlos einatmen kann, muss man schon glauben wollen.

        Überhaupt keine Erwähnung finden Beriebsmittel wie vollsynth. Öl, Schmierstoffe im Allgemeinen, AdBlue, Ölfilter, Luftfilter, Dieselfilter. Alles Materialien die teilweise synthetisch mit kräftigem Einsatz von Energie hergestellt werden müssen und ebenfalls Abfall produzieren der ausschließlich den Verbrennern zuzuschreiben ist.

        Gott sei Dank haben auch die Hersteller erkannt, dass es keinen Sinn mehr macht, Geld auf ein totes Pferd zu setzen nur um an alten Gewohnheiten festzuhalten zu können. Ich werde auch weiterhin meine Haushaltsgeräte successive auf sparsame A+++ Geräte umstellen. Marginalansatz hin oder her. Energie die nicht gebraucht wird, muss auch nicht erzeugt werden.

        Dennoch ermahnen mich Blogs wie dieser, mein Handeln und Denken stetig neu zu hinterfragen.

        In 5 Jahren sehen wir alle deutlicher wo wir stehen.

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      2. „Überhaupt keine Erwähnung finden Beriebsmittel wie …“

        Da Sie sich mit diesem Thema offensichtlich noch so gut wie gar nicht beschäftigt haben und bloß aus dem Bauch heraus argumentieren, können Sie nicht wissen, wie viele Wissenschaftler hierzu Daten sammeln und öffentlich zugängliche Datenbanken füllen. Daher wissen Sie auch nicht, dass diese Daten selbstverständlich in allen neueren Lebenszyklusanalysen von BEV und ICEV verwendet werden (eine gewisse Mindestqualität vorausgesetzt).

        Das liebe ich so an der E-Auto-Blase: Von der Sache keine Ahnung haben, aber missionieren wollen.

        Wenigstens Ihre Entscheidung, auf sparsame Elektrogeräte umzustellen, ist zumindest für größere Stromverbraucher sinnvoll. Denn wenn Sie ermitteln wollen, welche THG-Emissionen Sie damit einsparen, kommen Sie mit dem Marginalansatz auf recht hohe und in der Tat realistische Werte. Stromsparen bringt durchaus etwas.
        Bei kleinen Stromverbrauchern ist ein vorzeitiger Austausch allerdings nicht sinnvoll, weil da die Herstellungsemissionen überwiegen. Da sollte man bis zu einem größeren Defekt warten.

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      3. „Dennoch ermahnen mich Blogs wie dieser, mein Handeln und Denken stetig neu zu hinterfragen.“

        Das hätte ich fast überlesen. Dafür möchte ich Ihnen meinen (ehrlich gemeinten) Respekt aussprechen.

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  2. Ihre Grenzstrom Theorie hat durchaus Ansätze die bei längerer Überlegung nicht von der Hand zu weisen sind. Dennoch stellen sich mir einige Fragen:

    Glauben Sie, dass es ohne die direkte Möglichkeit die selbst erzeugte Energie auch selber zu verbrauchen z.B. im eigenen BEV zu verfahren, die gleiche Anzahl an privaten nicht gewerblichen PV Anlagen gäbe? Das glaube ich ehrlich gesagt nicht, denn mit 8,5 Ct Einspeisevergütung sind derartige Investitionen völlig unrentabel und würden schlicht unterbleiben. Ich hätte sie auf keinen Fall gemacht. Und sagen Sie jetzt bitte nicht, die Vergütung wird sich bald auch bei uns nach holländischem Modell dahingehend ändern, dass die eingespeiste KWh genau soviel einbringt wie sie aus dem Netz kostet. Wir sind in Deutschland, unkompliziert können wir nicht, dass wird in 100 Jahren nicht passieren.
    Ferner kann man mich sicher auffordern einen großen Teil meiner selbst benötigten Energie auch selber zu erzeugen und damit zumindest in gewissem Maß autark zu werden, und energetisch der Allgemeinheit nicht auf der Tasche zu liegen – okay. Aber ist es meine Aufgabe mit meiner Investition in erneuerbaren Energien dafür zu sorgen, dass fossile Stromerzeuger im europäischen Verbundnetz weniger CO2 Emissionen verursachen und verdrängt werden? Und das nachdem sich Jahrzehnte die gesamte Republik nicht aus ihrer Komfortzone bewegen wollte, wohl wissend, dass harte Einsparungen notwendig werden und sich die Erde auch mit weniger Wohlstand für uns immer noch sehr komfortabel weiterdrehen wird?

    Und schlussendlich: wird nicht konsequent behauptet, dass der Zubau an erneuerbarer RMS Leistung (Peak sowieso) jährlich stets deutlich über dem liegt, was an neuen Verbrauchern auf den Markt kommt, gerade jetzt, wo der Verkauf der vollelektrischen -sicher sehr zu Ihrer Freude- nahezu steht?

    Wie auch immer, Sie haben mich -wie ich schon schrieb- zum Grübeln gebracht…..

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    1. Zunächst einmal vielen Dank für Ihren sachlichen und im Ton so entspannten Kommentar. Das tut gut.

      Gewiss gibt es dank mehr BEV auch mehr PV.
      Der Grund, warum PV errichtet wurde, hat m.E. nur leider keinen Einfluss auf die Klimabilanz des BEV. Denn auch wenn es die PV ohne das BEV nicht geben würde, so gilt ja trotzdem, dass jedes auf der Straße verfahrene Watt nicht dazu genutzt werden kann, Fossilstrom aus dem Netz zu drängen – und sei es zeitversetzt, also nachts.

      In meinem Buch schrieb ich hierzu u.a.:
      Für die Installation von Solarstromanlagen gibt es meist mehrere Motive, z.B. der Wunsch nach Unabhängigkeit von den Stromanbietern, Engagement für die Energiewende oder Interesse an „grünen“ Investitionsmöglichkeiten. Welchen Zuwachs an EE-Kapazität es unter anderen Bedingungen gäbe (z.B. keine staatliche Förderung von Elektromobilität, jedoch stärkere Förderung von Solarstrom) ist nicht bekannt; es könnte auch mehr sein (indem mehr Geld in Stromerzeugung statt Stromverbrauch investiert wird).

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