Die Welt durch Verzicht retten?

Ein kluger Kopf hat mal gesagt, dass es sehr empfehlenswert sei, im Zweifel lieber Inkompetenz als böse Absichten zu unterstellen, andernfalls man sich rasch unter Verschwörungstheoretikern wiederfinde. Aus diesem Grund versuche ich immer noch, mir die aktuelle Energiepolitik mit Unwissenheit und der Verdrängung von Fakten zu erklären. Dass alle Entscheider wirklich wissen, welche Konsequenzen ihre Untätigkeit haben wird, mag ich (noch) nicht glauben.

Diese Grafik zeigt, worum es wirklich geht. Die jüngsten Fortschritte bei der Defossilisierung beschränken sich weitgehend auf den Stromsektor. Der Anteil von EE am Bruttoendenergiebedarf betrug 2019 keine 18 Prozent:

Quelle: UBA (für eine höhere Auflösung bitte den Link anklicken)

Den jetzigen Strombedarf hofft man bis 2050 ganz aus EE decken zu können. Schon das ist ohne die (ausbleibenden) Speichertechniken Illusion. Elektrischer Strom macht aber ohnehin nur etwa 20 % des Endenergieverbrauchs aus.
Der Anteil fossiler Energieträger am Primärenergiebedarf lag daher 2018 bei über 78%:

Quelle: UBA

Will man bis 2050 auf diese 78 % verzichten, so muss man die Energienachfrage der Verbraucher enorm verringern. Allein mit Effizienzverbesserungen lässt sich dieses Minus bei Beibehaltung des jetzigen Wohlstandsniveaus nicht erreichen, siehe die Rescue-Studie des Umweltbundesamts von 2019:

„In 2050 werden in GreenLate rund 1800 TWh erneuerbarer Strom zur Deckung der importierten PtG/PtL-Bedarfe benötigt.“

(GreenLate ist der Name eines der betrachteten Energiewende-Szenarien)

In anderen Worten: Deutschland wird große Mengen an PtG (Wasserstoff) und PtL (synthetische Kraftstoffe) importieren müssen, und zu deren Herstellung wird im Ausland etwa dreimal so viel elektrischer Strom aus EE benötigt werden, wie zurzeit insgesamt in Deutschland produziert wird.

Das inflationäre Gerede über „Suffizienzstrategien“ hingegen bedeutet de facto die Kappung eines Großteils der Energieversorgung und läuft auf eine hart kontraktive Wirtschaftspolitik hinaus. Darauf soll die Öffentlichkeit mit Agitprop wie dieser vorbereitet werden:
Eine Deckung des deutschen Energiehungers durch Importe ist daher aus technischer wie aus geopolitischer Sicht höchst riskant und unrealistisch. Energieimporte in dieser Größenordnung sind Scheinlösungen, die uns davon ablenken und daran hindern, über realistische Klimaschutzpfade zu diskutieren. … Das Erreichen der Klimaziele ist ohne Suffizienz- und Postwachstumsstrategien nicht möglich.“
Ein Gastbeitrag
von Benedikt Fischer, Dozent für Regenerative Energien an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin

Tatsächlich können die fossilen Energieträger durchaus mit chemisch gebundener Energie aus regenerativen Quellen ersetzt werden *1 Man muss es allerdings auch wollen. Dass zur Erreichung dieses Ziels so gut wie nichts unternommen wird, liegt unter anderem daran, dass Nichtregierungsorganisationen wie Greenpeace oder die Kampagnengruppe Transport & Environment die totale Lufthoheit in der Energiedebatte ausüben.

Die dritte und letzte Möglichkeit besteht darin, das Scheitern der Energiewende einzugestehen. Das wird immer wahrscheinlicher. Die zurzeit aktiven Politiker jedoch werden das in ihrer Amtszeit sicher nicht mehr tun müssen.


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*1) Dafür darf natürlich kein hierzulande erzeugter und zur Fossilstromverdrängung nutzbarer Ökostrom vergeudet werden. Mehr dazu dort.

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